Ungeimpft gegen Omikron: Stadt München empfiehlt Migration von Teams nach Visavid
MLLV-Vorsitzender Martin Schmid und der MLLV-Experte für Digitalisierung
Florian Zeindl zum Schreiben des RBS
Kurz vor Weihnachten erreicht ein Schreiben des RBS die Schulleitungen der Münchner Schulen, in dem explizit erwähnt wird, dass der Münchner MS Teams Tenant (fachlich korrekt: MS365) zum Ende des jetzigen Schuljahres abgeschaltet wird. Man möge auf Visavid umsteigen und seine Daten zeitnah migrieren (Wohin soll man denn z.B. ein OneNote Klassennotizbuch migrieren?). Das weltweit bewährte und klar marktführende System, das quasi als einziges einen funktionierenden und zuverlässigen ganzheitlichen Distanz- und Wechselunterricht auf die Beine stellen konnte, soll nun in Zeiten höchster Unsicherheiten wegen drohenden Lockdowns und etwaigen Schulschließungen wegen der Omikronvariante durch ein reines Videokonferenzsystem ersetzt werden, dem 90% der nötigen Funktionalität von MS365 fehlt – und das nach eigenen Praxistests auch als reines Videokonferenztool mit MS Teams nicht mithalten kann. So fällt im Einsatz bei Fortbildungen und Dienstbesprechungen auf, dass Audio- und Videoqualität zeitweise inadäquat sind, Teilnehmer mehrfach rausfliegen und das Interface (z.B. Bildschirm teilen) selbst für Erwachsene weniger praktikabel ist. Das Fehlen eines Identity Managements (vgl: Microsoft Account) für alle – auch Schülerinnen und Schüler - stellt jedoch das größte Problem dar: Teilnehmer werden per Link eingeladen (Wie soll man diesen den Schülerinnen und Schülern kommunizieren, wenn eine Hubfunktion, vgl. das Team in MS365 komplett fehlt? Per Mail?), können diesen munter an Dritte weitergeben (wo ist hier der vermeintliche Datenschutz?) und sich einen Namen ihrer Wahl aussuchen. Die Identität der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler ist so, anders als bei einem für jeden eindeutig zugewiesenen Account mit Benutzername/Passwort nicht auf die Schnelle überprüfbar. Durch diese Logik ist Chaos vorprogrammiert und im Sommer entdeckte (technisch behobene) Sicherheitslücken, durch die man als Externer in Konferenzen eindringen konnte, helfen nicht Vertrauen aufzubauen. Diese sind politisch – stand jetzt – auch noch nicht abschließend aufgearbeitet. Der Datenschutz, den man durch den Zuschlag an eine deutsche Firma gewährleisten wollte, wird in der Praxis also teilweise ausgehebelt. Insgesamt ein Pyrrhussieg: Deutsche Firma mit Daten auf europäischen Servern (wie das bei MS365 for Education im Übrigen auch der Fall ist), aber durch Linkeinladung höchste Unsicherheit im Identitätsmanagement, was im Ernstfall durch Missbrauch die ganze Datenschutzthematik komplett aushebeln kann. Zusätzlich wird der Link in der Praxis den Schülerinnen und Schülern wegen einer meist fehlenden Hubplattform dann oft dort kommuniziert, wo der Datenschutz am wenigsten gewährleistet ist und wo es eigentlich verboten ist: auf WhatsApp und Co., denn die BayernCloud Schule des KM, auf das sich das RBS bezieht, die ein ganzheitliches System im Stil von MS365 verspricht, ist noch in weiter Ferne. Man liefert hier stückchenweise Produkte, die in der Praxis für sich allein für Schulen nicht praktikabel sind. Ob das Gesamtprodukt überhaupt überzeugen wird, steht in den Sternen: Man hat nach diversen Enttäuschungen und Versäumnissen im Bildungssektor viel zu beweisen. Im Ernstfall wundert man sich wieder über negative Schlagzeilen, wie beim Zusammenbruch von mebis im Winter 2020. Vielleicht sollte man auch im Bildungsbereich endlich akzeptieren, dass Eigengewächse schlicht nicht mit professioneller Software mithalten können – was die mittlerweile höchst medienaffinen Schüler schon längst herausgefunden haben. Aber für Schulen ist vieles gut genug, was in der freien Wirtschaft inakzeptabel wäre.