Schulamtsdirektorin Bettina Betz zeigt sich im Gespräch mit den MLLV-Vorsitzenden kooperativ – Hoffnung auf weitsichtige und fruchtbare künftige Zusammenarbeit!
Beim Stelldichein mit den drei MLLV-Vorsitzenden Ende April präsentierte sich die neue Direktorin des Staatlichen Schulamts in München aufgeschlossen gegenüber den drängenden Fragen der Zeit, die den thematischen Rahmen bildeten. Wie das Wetter in einigen großen Werken der Weltliteratur seit jeher die Funktion hatte, auf die nachfolgende Handlung vorauszudeuten oder das gegenwärtige Geschehen zu flankieren, so kann man diesen Sachverhalt, auch wenn es sich um ein Gespräch und nicht etwa um einen Roman handelt, auf das Treffen der MLLV-Spitze mit Bettina Betz an diesem Aprilnachmittag getrost übertragen. Die Sonne schien mit einer großen Strahlkraft durch die Fenster in den Saal in der Villa am Bavariaring, in dem das Gespräch stattfand.
Thema Lehrerbedarf
Das erste wichtige Gesprächsthema betraf den Lehrerbedarf. Aufgrund des derzeitigen Lehrermangels an Grund- und Mittelschulen und der Mehrfachbelastung der Lehrkräfte während der Corona-Pandemie drängte sich die Frage auf, welche Lösungen für diese Situation von Seiten des Staatlichen Schulamtes vorgesehen sind. Bettina Betz verweist hinsichtlich der angespannten Personalsituation auf einen Stufenplan, mit dem jede Schule vor Ort auf diese reagieren könne. Betz spricht aber auch davon, dass es während eines Schuljahres schwierig sei, weiteres Lehrpersonal zu generieren, zumal sich viele so genannte mobile Reserven bereits in Langzeiteinsätzen an Schulen befänden. Der Regierung von Oberbayern sei es bewusst, so Betz weiter, dass die Situation einer Nachbesserung bedarf. Diese stelle immer wieder Nachrücker zur Verfügung, die sich für einen Aushilfsvertrag interessierten. Pro Woche könne man ein paar Aushilfskräfte somit hinzugewinnen. Außerdem versuche man verstärkt Team-Lehrkräfte zu gewinnen, die etwa schwangere Kolleginnen vertreten könnten. In besonders schwierigen Situationen versuche man, passgenaue Lösungen zu finden. Betz gesteht ein, dass sich die Situation so darstelle, dass man punktuell große Sorgen habe, wie man das Schuljahr in einem tragbaren Rahmen zu Ende bringen könne. Dies könne zum Leidwesen der Eltern sogar zu Unterrichtskürzungen führen. Der MLLV hakt nach, dass eine Stellungnahme zum Thema des Lehrermangels seitens des Schulamtes durchaus angebracht wäre, da es dort oft heiße, dass es ja doch ganz gut laufe. Betz verweist darauf, dass sich das Staatliche Schulamt an die Anweisungen des Kultusministeriums zu halten habe. Sinnvoller sei es, gemeinsam mit den Schulleiter/innen vor Ort an der einzelnen Schule nach Lösungen zu suchen.
Thema Kommunikation
Martin Schmid, 1. Vorsitzender des MLLV, äußert: Ihm gehe es um das Zwischenmenschliche, Empathische und auch Fürsorgliche für die Lehrkräfte, sodass ein Gefühl des Verständnisses für die Situation vorherrsche. Die Schulamtsdirektorin entgegnet, dass ihr die Pflege eines guten Verhältnisses zu den Schulleiter/innen beziehungsweise Kolleg/innen vor Ort wichtig sei und sie sich darum kümmern wolle. Der Dialog sei ihr sehr wichtig und sie wolle auch zur Exegese der KMS (Kultusministerielle Schreiben) nach Möglichkeit alle Schulleitungen per Videokonferenz an einen Tisch bekommen, um das konkrete Verständnis von Anweisungen aus dem KM anzuleiten. Schmid ergänzt, dass er dies schön fände, da der Kontakt zur einzelnen Schule pandemiebedingt abgenommen habe. Dr. Michael Hoderlein-Rein, 3. Vorsitzender des MLLV, fügt hinzu, dass die Kommunikationsproblematik der Regierung von Oberbayern und dem KM nicht bewusst sei. Er betont, dass er es begrüße, wenn man, da Staatliches Schulamt und Schulleitungen ohnehin in einem Boot säßen, an einem Strang ziehe. Betz stimmt dem mit Nachdruck zu. Videokonferenzen in gebündelter Form jeweils mit einigen wenigen Schulamtsbezirken gemeinsam seien auf jeden Fall bei akuten Problemen technisch möglich und auch angedacht, denn so sei der Aufbau der Beziehungsebene möglich.
Thema Sondermaßnahme für Team-Lehrkräfte
Isabel Franz, 3. Vorsitzende des MLLV, spricht die Sondermaßnahme für Team-Lehrkräfte an, die den Schulleitungen on top und kurzfristig terminiert aufgebürdet worden sei. Die Eltern würden in der Zeitung lesen, dass man Förderkurse und Förderangebote installiere, und gleichzeitig bekämen Schulleitungen Schreiben, in denen enthalten sei, dass Menschen, die nichts mit Pädagogik zu tun hätten, ein Referendariat machen sollen, in dem sie nebenbei Pädagogik- und Psychologie-Seminare nachholen sollten. Betz klärt auf, dass diese Sondermaßnahme daher rühre, dass wir bereits Teamlehrkräfte im Schulsystem haben und sich diese zum Teil gut bewährt hätten. Die Idee sei, Personal, das bereits in die Schule eingegliedert sei, weiter an die Schule zu binden. Die Frage laute, was man für dieses Personal tun könne, das uns über ein Jahr lang an den Schulen ausgeholfen habe. Der Staat müsse dies tun, damit das System aufrechterhalten werden könne. Der Regierung von Oberbayern seien diese Fehlentwicklungen durchaus bewusst, man könne sich aber nicht einfach den Weisungen des Kultusministeriums widersetzen.
Thema Migrationsklausel
Franz führt an, dass große Ängste entstünden, dass die so genannte Migrationsklausel aufgehoben werde, die besagt, dass eine Klasse halbiert wird, wenn über die Hälfte der Schüler/innen einen Migrationshintergrund haben. Betz weist das entschieden zurück. Sie hoffe nicht, dass das, neben den anderen Möglichkeiten an Personal zu kommen, eine Möglichkeit sei, Lehrkräfte einzusparen. Bislang habe sie davon noch nichts gehört. Dennoch kämen durch die Einspeisung des neuen Personals auf die Schulen neue Herausforderungen zu.
Thema Mehrarbeit für Schulleitungen
Hoderlein-Rein ergänzt, dass das Kultusministerium viele der neuen Maßnahmen hinsichtlich der Pandemie einfach den Schulleitungen aufgebürdet hätte. Es sei deshalb wichtig, dieses „Gemeinsam-in-einem-Boot-sitzen“ auch nach oben gegenüber der Regierung von Oberbayern und dem Kultusministerium sichtbar zu machen. Betz stimmt dem zu. Schmid fügt hinzu, dass viele Dinge gerne von der Schulfamilie umgesetzt würden, wenn an den Schulen vor Ort die Möglichkeiten gegeben wären (z. B. W-Lan in entsprechender Geschwindigkeit). Betz bekräftigt diese Äußerung. Unrealistische Vorstellungen müssten an die oberen bildungspolitischen Ebenen herangetragen werden, um realistische Lösungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Sie ärgere, dass viele Dinge gar nicht umsetzbar seien, da Personen darüber entschieden, die mit den Gegebenheiten vor Ort nicht genügend vertraut seien. Häufig seien Entscheidungen politisch motiviert und Entscheidungsträger vor Ort würden zerrieben aufgrund von politischen Dispositionen. Was ein weiteres Problem darstelle, seien die Entscheidungen am Freitag aufgrund des Inzidenzwerts, wie es in der darauffolgenden Woche mit der Schule weitergehe. Den Schulleitungen fordere das eine wahnsinnig hohe Flexibilität ab und die Kräfte gingen aus. Die verpflichtend durchzuführenden Selbsttest seien ein Zeugnis davon.
Thema Das Ende von MS Teams? Was sich in der Praxis
bewährt hat, soll abgeschafft werden?
Isabel Franz weist darauf hin, dass der Höhepunkt der Flexibilität vor Ort nun mit dem Vorhaben des KM gekommen sei, ein gutes und praktisches Tool während des Fernunterrichts der letzten Monate wie Microsoft Teams am Ende des Schuljahres abzuschalten, nur um wieder einmal ein neues Programm wie Visavid zu installieren. Diese Dinge gingen komplett an der Realität der Schule vorbei und kosteten extrem viel Zeit in der Umsetzung. Schmid untermauert, dass die Leute vor Ort nicht an einen Tisch geholt würden, geschweige denn einmal gefragt würden, was zu tun sei. Das sollte man von Seiten des Schulamts auch einmal nach oben kommunizieren. Bettina Betz bedauert, dass das Staatliche Schulamt in diesen Fragen leider nicht gehört werde. Dieses habe, wenn überhaupt, einen relativ kleinen zeitlichen Informationsvorsprung vor den Schulen vor Ort. Entscheidungen würden häufig ohne Beteiligung der Basis gefällt. Die staatliche Schulaufsicht sei ein Organ, das Entscheidungen nicht selbstständig treffen könne.
Thema Gemeinsam sind wir stark
Schmid ist sich aber sicher, dass es eine verstärkende Wirkung nach oben habe, wenn Lehrerverbände und Staatliches Schulamt an einem Strang zögen. Er betont auch, dass der MLLV bislang alle nach oben verschickten Briefe und Statements an Frau Betz weitergeleitet habe und das auch in der Zukunft so handhaben wolle, damit man mit gemeinsamer Stimme sprechen könne. Die Schulamtsdirektorin pflichtete dem bei.
Man fand also eine vielversprechende gemeinsame Basis. Am Ende des Gesprächs erhellten nach wie vor die Sonnenstrahlen den Raum, die durch die Fenster fielen. Sie wirkten sogar noch ein wenig heller als zu Beginn des Gesprächs. Vielleicht waren sie es sogar. Der MLLV bedankt sich herzlich bei Schulamtsdirektorin Bettina Betz für dieses Gespräch!
Andre Grenzebach, Pressereferent