Studium: Was bedeutet Studieren in Zeiten von Corona?
Studieren – für viele bedeutet das neue Freiheiten, neue Kontakte schließen, neue Erfahrungen sammeln, sich Austauschen und Weiterentwickeln!
Durch die Corona-Pandemie hat sich im Alltag der Lehramtsstudierenden viel verändert. Ein Studientag findet nun vorwiegend Zuhause am Schreibtisch statt und die sozialen Kontakte beschränken sich auf Treffen im digitalen Raum.
Seit dem Sommersemester 2020 sind Präsenzkurse für Studierende ausgesetzt – im April 2021 beginnt nun schon das dritte Online-Semester.
Im Austausch mit den Studierenden wird immer wieder eines klar: Viele fühlen sich vergessen. Während in vielen Berufsfeldern diskutiert wird, wie zumindest ein wenig Normalität und Präsenz geschaffen werden kann, erscheint es als selbstverständlich, dass wir Studierende weiterhin unser Studium von Zuhause absolvieren. Außerdem müssen wir Lehramtsstudierende innerhalb unserer Studienlaufbahn im Schnitt drei Schulpraktika absolvieren.
Doch wer berücksichtigt eigentlich die Auswirkungen der aktuellen Situation auf unser Studium? Wir Lehramtsstudierende absolvieren innerhalb unserer Studienlaufbahn im Schnitt drei Schulpraktika. Aktuell sind die Schulen in Bayern aber teilweise geschlossen oder im Wechselunterricht.
Vor etwa einem Jahr, am 16.03.2020, mussten die Schulen in Bayern schließen. Dass viele Schülerinnen und Schüler unter dem Distanzunterricht leiden, ist bekannt. Dass Lehrkräfte oft an ihre Grenzen stoßen, auch. Aber wie geht es eigentlich Studierenden, die sich für Schulpraktika bewerben wollen oder sogar schon einen Praktikumsplatz haben?
Bettina Gneißl studiert Gymnasiallehramt im 4. Semester und ist in der SG München aktiv. Sie berichtet von der Praktikumssuche:
„Als ich mich im Anfang 2020 für ein Praktikum an einem naheliegenden Gymnasium bewarb, rechnete ich natürlich nicht mit der folgenden Corona-Situation. Als dann im März der Lockdown begann, schrieb ich trotzdem weiter meine Bewerbungen, führte Telefonate und schrieb E-Mails. Dass mir niemand in den Schulen sagen konnte, wie sich die Situation entwickelte, war mir klar. Dass ich fürs kommende Schuljahr allerdings doch keine einzige Zusage erhielt, schockierte mich dennoch. Als ich dann im Sommer 2020 für das folgende Frühjahr erneut einen Versuch wagte, erhielt ich abermals keine Zusage. Alle Schulen, die ich kontaktierte, konnten mir für ein Praktikum an ihrer Schule nicht zusagen, da sie nicht wussten, was noch kommen würde. Erst im Frühjahr 2021 erhielt ich nun für das kommende Schuljahr im Herbst 2021 einen Praktikumsplatz.
Klare Kommunikation seitens der Universitäten oder des Kultusministeriums wären hier schon zu Beginn des Lockdowns nötig gewesen. Als Studentin nicht zu wissen, ob und wann man die Pflichtpraktika absolvieren kann, verunsichert sehr. Denn auch die folgenden Praktika, Auslandsaufenthalte und auch das Staatsexamen verschieben sich dadurch.“
Melanie Vetter, Grundschullehramtsstudentin im 6. Semester und 3. Vorsitzende der Studierendengruppe, hat zwei ihrer drei Praktika inmitten der Pandemie absolviert.
"Zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 herrschte natürlich erstmal eine Ausnahmesituation. Weder die Schulen noch das Praktikumsamt waren auf so einen Fall vorbereitet und es mussten kurzfristig Notlösungen organisiert werden. Diese waren allerdings immer abhängig von Schule und Lehrkraft, da auch nicht jede Schule den Distanzunterricht über Videokonferenz organisierte. Somit musste man sich notgedrungen auf anderem Wege die fehlenden Praktikumsstunden erarbeiten, beispielsweise durch die Korrektur von Homeschooling-Aufgaben. So hatte man zwar einen Einblick in die Möglichkeiten Distanzunterrichts, aber gleichzeitig auch Unterrichtserfahrung in der Praxis verloren. Für den Fall, dass man seine Praktikumsstunden trotzdem nicht vollständig nachholen konnte, konnte man sich mit dem Praktikumsamt kurzschließen und einen Kompromiss finden. Wie sich dies dann allerdings konkret gestaltete, war von Fall zu Fall unterschiedlich."
Leider schränkt die Corona-Pandemie Studierende nicht nur bei inländischen Aktivitäten und Praktika ein, sondern auch bei allen Auslandsaufenthalten. Für viele ist ein Auslandsaufenthalt während des Studiums ein Muss, das zur Universitätserfahrung dazu gehört, für einige ist es laut der Studienordnung aber auch Pflicht – und vor allem für Letztere ist die Situation momentan sehr schwierig. Der verpflichtende Auslandsaufenthalt muss mindestens acht Wochen dauern und ist in den meisten Fällen des Studiums einer Fremdsprache im Unterrichtsfach verpflichtend. Dabei ist es wichtig, ein Land zu besuchen, in welchem die studierte Sprache gesprochen wird.
Zahlreiche Auslandsaufenthalte wurden abgebrochen, verschoben oder komplett abgesagt. Deutlich erschwert wird die Durchführung zusätzlich durch das variierende Infektionsgeschehen, das sich in jedem Land ständig ändert und unterschiedlicher nicht sein könnte. Dadurch lässt sich schlecht abschätzen, wann, wo und wie es überhaupt möglich ist, den Auslandsaufenthalt durchzuführen.
Unsere dritte Vorsitzende, Melanie Vetter, befindet sich momentan genau in diesem Dilemma:
“Ich studiere Englisch als Unterrichtsfach und muss deshalb einen verpflichtenden Auslandsaufenthalt von mindestens zwei Monaten absolvieren. Eigentlich wollte ich von Februar bis März 2021 nach Irland und den Auslandsaufenthalt gleich mit einem anderen Pflichtpraktikum verbinden. Leider bestand dazu sowohl in Deutschland als auch in Irland die nicht Möglichkeit dazu. Beide Länder waren entweder auf dem Weg zum nächsten Lockdown oder schon mittendrin, Irland hatte zusätzlich noch eine unwahrscheinlich hohe Arbeitslosenrate, eine Folge der Pandemie. Das hätte es mir zusätzlich noch erschwert, dort Arbeit zu finden.”
All dies sorgt natürlich dafür, dass man sowohl das Studium verlängern muss als auch das Staatsexamen nicht wie geplant durchführen kann. Leider gab es seitens der Fakultäten noch keinen Lösungsvorschlag, der den Studierenden etwa einen Ersatz oder eine Erlassung anbietet, beispielsweise für den Fall, dass sie schon kurz vor dem Examen stehen.
Diese Erschwernisse rund um Corona haben natürlich auch ihre Folgen: Wir verbringen viel mehr Zeit vor dem Bildschirm. Oft sitzen Menschen lange zuhause, tagsüber am Laptop oder PC, um die Aufgaben im Homeoffice oder Homeschooling zu erledigen. Der soziale Kontakt, der Ausgleich zu Schule, Studium und Arbeit fehlt. Und abends? Da greifen viele zum Handy. Dass sich dahinter allerdings eine große Gefahr verbirgt, welche die mentale Gesundheit – nicht nur bei Kindern und Jugendlichen – stark negativ beeinflussen kann, wird oft vergessen. Die Sozialen Medien, so Apps wie Instagram oder TikTok, erlebten durch den Lockdown einen großen Aufschwung. Nicht nur die Bildschirmzeit an sich, die durch das Arbeiten an digitalen Endgeräten ohnehin enorm anstieg, hat einen negativen Einfluss auf den menschlichen Körper. Sondern auch die Inhalte, die in solchen Apps vermittelt werden, beeinflussen uns stark. Körperideale, die einige Blogger oder Influencer vermitteln, werden von vielen nachgeeifert. Dass diese allerdings oft gar nicht der Realität entsprechen, ist vielen gar nicht bewusst. Ein Ausgleich zu den Kontakt- und Ausgansbeschränkungen wird ohnehin immer wichtiger, vor allem aber durch diese enorm gestiegene Bildschirmzeit. Beratungsangebote, die zum Beispiel Kindern und Jugendlichen helfen sollen, mit sozialen Medien und den dadurch vermittelten Inhalten umzugehen, sind durch Corona noch einmal mehr zu wichtigen Bestandteilen geworden. Natürlich können die vermittelten Inhalte auch positive Effekte hervorrufen: So kann man durch manche Personen, die Vorbildcharakter haben, motiviert oder inspiriert werden. Wichtig ist trotzdem, sich den Konsum von Sozialen Medien bewusst zu machen und dann womöglich die eigene Nutzung einzuschränken. Dies war schon vor Corona wichtig, wurde aber nun durch den fehlenden Ausgleich und die Zeit zuhause noch wichtiger.
Es bleibt zu hoffen, dass in absehbarer Zukunft zumindest Teilpräsenz in den Universitäten ermöglicht wird. Bis dahin versuchen wir das Beste daraus zu machen und bieten als Studierendengruppe auch im Sommersemester ein abwechslungsreiches Semesterprogramm an, um zumindest den digitalen Kontakt zueinander nicht zu verlieren und uns gegenseitig zu unterstützen!
Melanie Vetter, Bettina Gneißl
Melanie Vetter
3. Vorsitzende Studierendengruppe München
Bettina Gneißl
Mitglied Studierendengruppe München