Lüften oder Filtern?
Momentan stellen sich viele Schulleitungen, Lehrkräfte, Kommunen die Frage: Reicht es, in meinem Klassenzimmer zu lüften oder benötige ich ein zusätzliches Filtergerät? Würde dieses das häufige Lüften reduzieren oder gar ersetzen?
Zunächst ist das ganz klar: Ausschließlich filtern ist nicht erlaubt!
Nach der Arbeitsstättenregel ASR A3.6 ist ein maximaler CO2-Wert von 1000 ppm anzustreben, 2000 ppm ist die Obergrenze. Bereits Max von Pettenkofer hat 1858 festgestellt, dass CO2 die Leitkomponente ist für alle wesentlichen Luftschadstoffe in der Innenraumluft, wie Formaldehyd und VOC´s und hat einen Maximalwert von 1000 ppm in Innenräumen vorgeschlagen, der heute noch gilt. CO2 in Innenräumen ist hauptsächlich die Folge ausgeatmeter Luft. Da Sars-Covid19-Viren durch Ausatmen und Husten in die Luft gelangen, kann mit einigermaßen hoher Sicherheit gefolgert werden, dass, sofern eine infizierte Person im Raum ist, die Virenanzahl im Raum mit dem CO2-Wert korreliert.
Aus diesem Grund sind CO2-Ampeln oder CO2-Messgeräte in Klassenräumen durchaus sinnvoll, um eine Lüftungsintervention anzuzeigen.
Nach neuesten Untersuchungen der Innenraumluft-Kommission des Umwelt-Bundesamtes zur Reduzierung von Sars-Covid19-Viren in der Luft durch Filtergeräte gibt es sowohl Studien die eine Reduzierung belegen konnten als auch Untersuchungen in denen Filtergeräte keine Wirkung zeigen konnten.
Fazit Nr. 1: Überall dort wo durch Lüften ein CO2 -Wert von ca. 1000 ppm eingehalten werden kann, werden die Viren bereits mit der Raumluft entfernt und ein Filtergerät ist unnötig.
Fazit Nr. 2: Überall dort, wo nicht ausreichend gelüftet werden kann, ist zuerst die Lüftungsproblematik zu lösen, denn die Filtergeräte konnten bisher noch nicht zweifelsfrei nachweisen, dass sie die Virenlast zuverlässig reduzieren können!
Bei einem Klassenzimmer heißt Stoßlüften, dass während der Lüftungsphase 10 % der Raumgrundfläche geöffnet werden müssen (ASR A3.6). Bei 60 Quadratmeter Grundfläche sind das 6 Quadratmeter offene Fensterfläche! Stoßlüften im Winter heißt auch, vor dem Lüften Jacke und Schal anziehen und nach dem Lüften wieder ausziehen. Bei einem Klassenzimmer ist spätestens nach 20-25 Minuten stoßzulüften. Es liegt auf der Hand, dass dadurch einige Unterrichtszeit verloren geht.
Zukunftsfähig, auch in Hinblick auf das Gebäudeenergiegesetz, sind daher nur zentrale oder dezentrale Lüftungsanlagen in den Klassenzimmern. Dadurch lassen sich die Unterrichtsunterbrechungen und der „Sägezahneffekt“ vermeiden, denn beim Stoßlüften steigt der CO2-Wert bis zum nächsten Lüftungsintervall leicht auf 2000 ppm und mehr an.
- Lüften reduziert die Virenlast zuverlässig, Filtergeräte vielleicht.
Peter Hammelbacher
Literatur:
Einsatz mobiler Luftreiniger als lüftungsunterstützende Maßnahme in Schulen während der SARS-CoV-2 Pandemie:
Umweltbundesamt: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/dokumente/201116_irk_stellungnahme_luftreiniger.pdf
Gesundheitliche Bewertung von Kohlendioxid in der Innenraumluft:
Umweltbundesamt: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/pdfs/kohlendioxid_2008.pdf
Infektionsschutzgerechtes Lüften:
BAuA: https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Fokus/Lueftung.pdf?__blob=publicationFile&v=9
Arbeitsstättenregel ASR A3.6