Die bayerische Hochschulrechtsreform
Die bayerische Hochschulrechtsreform
Im Oktober wurde ein Eckpunktepapier zur bayerischen Hochschulrechtsreform veröffentlicht, welches inzwischen für viel Kritik gesorgt hat. Doch was hat es damit konkret auf sich? Und wie betrifft es das Lehramtsstudium?
Im geplanten bayerischen Hochschulinnovationsgesetz, welches Teil der Hightech Agenda ist, sollen zwei bestehende Gesetze vereint werden: das Hochschulgesetz und das Hochschulpersonalgesetz. Die letzte Reform fand 2006 statt – eigentlich ist es also höchste Zeit für eine Neuerung und gerade das Lehramtsstudium ist in vielen Bereichen hochgradig reformbedürftig. Können wir in der geplanten Novellierung des Hochschulrechts also eine Chance sehen?
Das bisher vorliegende Eckpunktepapier folgt dem Leitbild der größtmöglichen Freiheit und Eigenverantwortung für die Universitäten. Dies beginnt schon bei dem Rechtsstatus, denn die Hochschulen sind bisher zum Teil Körperschaften des öffentlichen Rechts, aber zum Teil auch staatliche Einrichtungen. Zukünftig könnten sie nur noch die Körperschaft des öffentlichen Rechts annehmen und damit aus der Kontrolle des Staates austreten. Das hätte tiefgreifende Folgen: Universitätspräsidentinnen und -präsidenten könnten freier über Dinge wie das Budget und welche Fächer und Inhalte an der Universität angeboten werden sollen entscheiden.
Schon jetzt ist die Ausbildung von uns Lehramtsstudierenden von der gewählten Universität abhängig. Je nach Uni werden verschiedene inhaltliche Schwerpunkte gesetzt, man erfährt unterschiedlich viel Praxis und es besteht eine unterschiedliche Gewichtung der Kurse. Trotz der differenten Anforderungen schreiben wir am Ende unseres Studiums eine zentrale Staatsexamensprüfung. Doch wie kann durch die neue Reform Vergleichbarkeit erzielt werden? Und wie wird eine einheitliche, qualitätsvolle Lehrerinnen- und Lehrerbildung ermöglicht? (Lisa Welles)
Die größte Gefahr dieser geplanten Reform ist, dass weniger drittmittelstarke Studiengänge und solche, deren Output sich nicht direkt wirtschaftlich messen lässt, ins Hintertreffen geraten. Darunter fallen insbesondere die Geistes- und Sozialwissenschaften - also die Wissenschaften, die das Lehramtsstudium maßgeblich prägen. (Melanie Vetter)
Denn die Qualität von Forschung und Lehre soll vermehrt Output-orientiert gemessen werden. Doch wie genau soll dies in den Geistes- und Sozialwissenschaften geschehen? Darüber gibt das Eckpunktepapier keinen Aufschluss. Außerdem soll das Lehrdeputat, welches bisher fest an eine jede Stelle gekoppelt ist, in ein so genanntes Globaldeputat umgewandelt werden, welches dann intern verteilt wird. Damit geht die Gefahr einher, dass manche Professoren sich komplett aus der Lehre zurückziehen, um sich auf ihre Forschung zu konzentrieren. Die Lehre spielt im Gegensatz zur Forschung und dem neu hinzugefügten Bereich des Transfers im Eckpunktepapier generell eine eher untergeordnete Rolle.
Dabei ist doch gerade die Lehre eine Investition in die Zukunft – sieht so Fortschritt aus? Kriege ich dann Spitzenprofs meines Faches, wegen denen ich vielleicht sogar extra an diese Uni gekommen bin, gar nicht mehr zu Gesicht? Und wer muss das dann auffangen? Die Die Vergangenheit hat bereits gezeigt, dass viele für uns wichtige Fachbereiche auf der Strecke bleiben! (Hannah Seifert)
Universitäten, die wie ein Unternehmen aufgestellt sind, Präsidentinnen und Präsidenten mit Verantwortung wie ein Firmenboss. All das bedeutet natürlich mehr Freiheit und Flexibilität – aber zu welchem Preis?
Wie unabhängig können Forschung und Lehre noch sein, wenn sie wirtschaftlich verwertbar sein sollen? (Hannah Seifert)
Professorinnen und Professoren dürften durch die Hochschulrechtsreformvermehrt unternehmerisch tätig werden, eigene Start-Ups gründen und dafür bis zu drei Jahre die Ressourcen der Hochschule – also beispielsweise Räume und Labore - nutzen. An der LMU haben wir jedoch jetzt schon einen Mangel an Raumkapazitäten.
Auf dem Rücken welcher Personen wird das wohl ausgetragen werden - welchen wirtschaftlichen Nutzen hat ein Lehramtsstudium schon für eine unternehmerisch orientierte Universitätsleitung? (Melanie Vetter)
Auch die interne Gouvernance soll durch die Reform zugunsten der individuellen Freiheit der Universitäten abgebaut werden. Eine Gremienstruktur ist also nicht mehr verpflichtend. Hat das den Abbau der demokratischen Mitbestimmung an den Hochschulen zur Folge?
Im Moment bleibe ich nach der Veröffentlichung des Eckpunktepapiers zur Hochschulrechtsreform mit vielen Fragen zurück. Wie kann eine qualitätvolle und vergleichbare Lehrerinnen- und Lehrerbildung gewährleistet werden, wenn der Staat keine Kontrolle mehr über die inhaltliche Ausgestaltung unseres Studiums hat, aber dennoch am Ende des Studiums prüft, ob wir einmal Lehrerin oder Lehrer werden dürfen? (Hannah Seifert)
Der BLLV und die Studierenden im BLLV kämpfen für eine Verankerung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung im neuen Hochschulinnovationsgesetz. Denn wir sind diejenigen, die zukünftig in den Schulen die pädagogische Arbeit gestalten sollen – und dafür brauchen wir die bestmögliche Ausbildung.
Auch wenn ich hierzu viele Bedenken habe und noch viele Fragen offen sind, kann eine Reform auch eine Chance sein. Hier sehe ich die Möglichkeit eine Modernisierung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung mit mehr Einheitlichkeit und einer Sicherung der Qualität zu erzielen. (Lisa Welles)
Lisa Welles, 1. Vorsitzende
Hannah Seifert, 2. Vorsitzende
Melanie Vetter, 3. Vorsitzende