Am 21.07.2021 ist Corona vorbei!
Utopie? Na klar. So kann das ja gar nicht sein!
Der Betriebsarzt einer großen Firma – eines global players – hat diesen Satz kürzlich an der Pinnwand seiner Firma angebracht. Wohl wissend, dass diese Aussage wissenschaftlich in keinerlei Hinsicht haltbar ist. Und was ist geschehen? Etliche Mitarbeiter haben ungläubig und skeptisch nachgefragt, woher er das denn wisse und was nun zu tun sei. Und in der Folgezeit geriet die Belegschaft mitsamt Chefetage ins Gespräch – darüber, welche Strategie aus der Krise nun die richtige sei. Denn dass das Licht am Ende des Tunnels heller und deutlicher wird, steht außer Zweifel. Das Gespräch und das gemeinsame Ringen um den besten Weg, um die beste Strategie, hat für Aufbruchsstimmung und Zuversicht gesorgt und Resignation und Angst ein gutes Stück weit verdrängt.
Auf uns in der Schule übertragen bedeutet das: Auch wir benötigen einen Masterplan, der uns mittelfristig über die letzten Monate von Corona trägt. Und ganz ehrlich: Ein solcher Masterplan ist nach wie vor nicht erkennbar.
Über allem steht nämlich das fehlende Vertrauen – ja das Misstrauen in die Arbeit an den Schulen. Die Kollegien leisten seit Monaten herausragende Arbeit – begleitet von hunderten von Schreiben aus dem Staatsministerium. Sie stemmen den Distanzunterricht und die Notbetreuung gleichzeitig, frieren wegen des ständigen Lüftens in den Klassenzimmern unendlich, versorgen auf allen Kanälen die Kinder und Jugendlichen in ihren Klassen – digital, per Post, telefonisch und mit direkter Übergabe der Unterrichtsmaterialien. Und haben dabei selbstverständlich die individuellen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler im Blick.
Und was passiert? Auf die Meldung einiger „besorgter“ Eltern in der abgesagten Ferienwoche, ihre Lehrkraft mache keinen „richtigen Unterricht“, droht das Kultusministerium allen Kollegien pauschal und medienwirksam mit der Schulaufsicht. Dabei wäre es so leicht gewesen, den Lehrkräften den Rücken zu stärken und gegenüber der Öffentlichkeit das Vertrauen in die Arbeit der Schulen endlich auch einmal mit politischem Handeln zu belegen – mit einer einfachen Pressemitteilung, man vertraue eben auf die Arbeit in den Schulen.
In einer Videokonferenz vor kurzem mit Kolleginnen und Kollegen an der Deutschen Schule in Helsinki berichteten diese, dass das Ansehen der Lehrkräfte in Finnland in der Öffentlichkeit sehr gut sei und die Stimmung der Elternschaft gegenüber den Schulen gerade jetzt in der Zeit der Pandemie von einer gewissen Gelassenheit geprägt sei. Warum? Nicht, weil die Lehrkräfte in Finnland besser, fleißiger oder motivierter sind als in Bayern. Der Grund ist vielmehr ganz einfach: Die finnische Regierung stärkt den Lehrerkollegien öffentlich den Rücken, spricht ihnen medienwirksam das Vertrauen aus und stellt dies auch mit ihrem politischen Handeln unter Beweis, indem sie ihrer Fürsorgepflicht gerecht wird – mit Worten und mit Taten.
Und da stellt sich – ergänzend zum oben angeführten Sachverhalt – vor allem eine weitere Frage:
Wo ist der wirksame Schutz der Lehrkräfte mit FFP2-Masken?
Während viele Verantwortungsträger in Politik und Verwaltung sich ins Homeoffice begeben, um Kontakte zu reduzieren – richtigerweise und nachvollziehbar -, riskieren die Lehrkräfte seit bald einem Jahr täglich ihre Gesundheit. Dabei haben sie jeden Tag eine Vielzahl von Kontakten – und bleiben mehr oder weniger der Unterrichtssituation schutzlos ausgesetzt. Bis Weihnachten erhielt jede Lehrkraft im Schnitt gerade einmal 1,5 FFP2-Masken, wobei seitens des Staatsministeriums noch dazu festgestellt wurde, dass diese Masken nicht für den Unterricht geeignet seien, sondern nur in „besonderen Situationen“ verwendet werden sollten. Nun – vor kurzem – wurden wieder Masken geliefert, allerdings werden die Kollegien mit OP-Masken abgespeist. Begründung: Weil in den Schulen der Abstand von 1,5 Metern gut einzuhalten ist, braucht man keine FFP2-Masken. Unfassbar! Wer jemals schon einmal in einer Grund-, Mittel- oder Förderschule unterrichtet hat, dem ist bewusst, dass dieser Abstand schlichtweg unmöglich einzuhalten ist. Nur am Rande bemerkt: Nordrhein-Westfalen versorgt ab dem Zeitpunkt der Öffnung der Schulen jede Lehrkraft täglich mit zwei FFP2-Masken.
Immerhin, an einem Punkt zeigt sich ein Erfolg der politischen Arbeit unter anderem auch des BLLV / MLLV: Offensichtlich werden Erziehungs- und Lehrkräfte an Grund- und Förderschulen nun in der Impfhierarchie nach vorne gehoben. Warum sich Bayern allerdings nicht an die Spitze dieser Idee gesetzt hat, warum es erst der Initiative vor allem des Regierenden Bürgermeisters von Berlin und der Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern bedurft hat, ist schwer zu begreifen.
Noch ist Zeit, und noch gibt es viele Anlässe für die politisch Verantwortlichen, Signale zu senden, um wirklich im Miteinander mit allen an der Schule Beteiligten die Pandemie zu bewältigen! Zumal das nächste Problem keineswegs nur vor der Tür steht, sondern sich bereits mitten im Raum befindet – der gigantische Lehrermangel!
Insofern – wenn es denn hilft – schreiben wir es an alle Türen im Kultusministerium: Am 21.07.2021 ist Corona vorbei!
Es grüßt Sie sehr herzlich
Dr. Michael Hoderlein