Begleiter, Mahner, Motivator – eine außergewöhnliche Persönlichkeit ist von uns gegangen: Dr. Hans-Jochen Vogel, Ehrenmitglied im MLLV

Die Verbindung des Ehrenmitglieds Dr. Hans-Jochen Vogel zum Münchner Lehrer- und Lehrerinnenverband geht auf über 60 Jahre zurück. Max Priller, ehemaliger MLLV-Vorsitzende noch vor Marianne Baier und Christian Marek, mein Vorvorvorgänger also, hat den verstorbenen Hans Jochen Vogel dafür gewonnen, die MLLV-Mitgliedschaft ehrenhalber anzunehmen. Das war keine satzungsgemäße Ehrenmitgliedschaft, aber immerhin eine außergewöhnliche Solidaritätsbekundung, die übrigens auch Georg Kronawitter gerne angenommen hatte. 

Das Grußwort unserer ersten Ausgabe der Münchner Lehrerzeitung schrieb vor 53 Jahren Hans Jochen Vogel, 1960 - 1972 jüngster Oberbürgermeister einer Millionenstadt. 50 Jahre später schrieb der Pensionär in die Jubiläumsausgabe zum 150. Geburtstag des MLLV wiederum mit großer Freude ein Grußwort.

Vogel wurde nach der Bundestagswahl 1972 von Bundeskanzler Willy Brandt zum Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ernannt. Er wird Landesvorsitzender der bayerischen SPD und Mitglied des Deutschen Bundestages. Seine Zeit als Berliner Bürgermeister und darüber hinaus können Sie in "Nachsichten. Meine Bonner und Berliner Jahre" nachlesen. In dieser Zeit der räumlichen Trennung verloren sich SPD-der Politiker und der MLLV aus den Augen. 

Zurück in München mietete sich das Ehepaar Vogel im Augustinum am Stiftsbogen ein. Die MLLV-Vorsitzende Waltraud Lucic knüpfte wieder einen Kontaktfaden und Hans Jochen Vogel stellte dem MLLV seine Expertise und seine Zeit zur Verfügung. Er diskutierte im Wertebündnis, sprach Grußworte beim Ehrenabend sowie weiteren Festen und stand in Seminaren den Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern als Zeitzeuge zur Verfügung. Dazu Hans Jochen Vogel: „Ich habe es immer für wichtig gehalten, dass Menschen, die Ausschwitz oder ein anderes Lager überlebt haben, jungen Menschen über ihr Leben berichten. Max Mannheimer, ein guter Freund von mir, war als aktiver Zeitzeuge dafür ein ganz besonderes Vorbild. Leider entsteht langsam eine große Lücke, da es immer weniger dieser Zeitzeugen gibt. Die Lücke kann man zwar nicht schließen, aber man muss sich mit technischen Hilfsmitteln wie Film- und Tonaufnahmen einigermaßen behelfen.“ Auf unserer Homepage www.mllv.bllv.de finden Sie ein Video zur 150 Jahrfeier des MLLV.

Dr. Hans-Jochen Vogel gehört noch zu einer Generation, für die Demokratie nicht selbstverständlich war. 

Vogel interessierte sich dafür, wie Demokratie in der Schule gelebt wird. Er fragte immer wieder nach und reagierte auf Meldungen der öffentlichen Presse. Wir beantworteten seine Briefe, diskutierten mit ihm am Rande und bei Veranstaltungen und als die Krankheit Parkinson seine Mobilität einschränkte (Park in der Sonne – wie er sie nannte), tauschten wir uns im Augustinum aus. Mit Freude begleitete Dr. Vogel die Gründung des MLLV-Arbeitskreises „Demokratie“. Die Mitglieder des Arbeitskreises standen durch Ludwig Ziesche, Rektor an der Mittelschule Inzeller Weg, in regem Kontakt mit dem kritischen Dr. Vogel.

Für den SPD-Politiker bedarf die Demokratie der Mitverantwortung aller Bürgerinnen und Bürger. Er erzählte uns, wenn die Leute sagen `man müsste das und das ändern`, holte er sein Telefonbuch hervor und sagte `zeigen Sie mir mal die Telefonnummer von man`.

Dem MLLV gab er mit, dass dieser nicht nur die eigenen beruflichen Anliegen im Auge haben solle, sondern eben auch die allgemeine Entwicklung, die Demokratie und die politische Bildung. „Und das tut der MLLV gegenwärtig in überzeugender Weise“, so Hans Jochen Vogel.

Waltraud Lucic

In dankbarer Erinnerung an ein wertvolles Miteinander