Blickpunkt
Wenn die Münchner Lehrerzeitung eine Rubrik „Brennpunkt“ eröffnet hat, sollte sie auch eine Rubrik mit einem passenden Gegenstück vorweisen können. Was sagen Sie zu Blickpunkt, als Pendant zum Brennpunkt? Dabei dürften die Lehrkräfte den Blick nicht auf die momentane bildungspolitische Situation richten. Das übernimmt ja der Brennpunkt. Brennen ist ja nicht grundsätzlich etwas Negatives. In der Rubrik Blickpunkt setzen wir den Blick gezielt auf positive Punkte und halten Momente fest, die der Lehrkraft Energie, Freude und somit Motivation geben.
Die meisten Lehramtsstudentinnen und -studenten brennen vor Begeisterung am Beginn ihres Lehrerlebens. Sie freuen sich auf die neuen Aufgaben. Doch wer brennt, brennt auch leicht aus, wenn er negativen Stresssituationen ausgeliefert ist. Nach Prof. Joachim Bauer, Neurologe und Buchautor, ist Stress nicht grundsätzlich negativ. Wer Stresshormone produziert wird nicht gleich krank. Schwierig wird es bei permanentem Stress, wenn der Druck nicht nachlässt, die Zeitfenster immer zu eng sind und die Anerkennung fehlt.
Die unterschiedlichen Bedürfnisse unserer Schützlinge erfordern viel Flexibilität. Auch wenn im Alltag hin und wieder das Gefühl überhandnimmt, gegen viele Widerstände ankämpfen zu müssen, werden Erfolge in Prüfungen, bei Verhaltensänderungen oder auch im Finden eines Ausbildungsplatzes sichtbar. Wir Lehrer wirken daran mit, die Jungend auf ihre zukünftigen Aufgaben vorzubereiten. Das alles braucht Raum und Zeit. Zeit, die zur Verfügung stehen muss um Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Wir brauchen Unterstützung in den Klassen, zum Beispiel durch multiprofessionelle Teams wie Logopäden, Schulpsychologen und zwar an jeder Schule und Schulsozialarbeit. Wir brauchen kleine Klassen, um den Kindern individuell gerecht zu werden, nicht eine schleichende Vergrößerung der Klassenstärken, indem man die Migrationsklausel verwässert. „Ja, wir wollen fördern und fordern. Ja, wir wollen individualisieren und integrieren. Aber gebt uns endlich die Gelingensbedingungen, damit wir die Aufgaben im schulischen Alltag erfüllen können ohne durch ständige Selbstüberforderung unsere Gesundheit aufs Spiel zu setzen“.
In meinem Schulalltag an einer Mittelschule finde ich die Vielfalt spannend, da keine Stunde der nächsten gleicht. Dazu schlüpfe ich von einer Rolle in die nächste: Erzieherin, Wissensvermittlerin, Sozialpädagogin, Beraterin, Motivatorin, Zuhörerin. Durch verschiedene Führungs- und Erziehungsstile habe ich die Möglichkeit die Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg zu einem mündigen Bürger zu begleiten. Ich fühle mich frei in der Gestaltung verschiedener Themengebiete, kann immer Bezug zum aktuellen politischen Geschehen nehmen und mithelfen unsere Schützlinge mit Neugier und kritischem Denken auszustatten. Dabei ist es mir wichtig, Schülerinnen und Schüler nicht in gesellschaftlich vorgegebene Schubladen einzusortieren, sondern die Individualität des Einzelnen anzuerkennen. Ich möchte konkret mithelfen diese Grenzen zu überwinden und Chancen für junge Menschen durch eine gute Bildung ermöglichen. Es ist spannend, gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern ihre vielfältigen Begabungen zu entdecken und ihre Persönlichkeit zu stärken. Das alles braucht Zeit, Geduld und Motivation. Unsere Vertreter des MLLV werden niemals müde aufzuzeigen, anzumahnen und Forderungen nach Ressourcen und notwendigen Unterstützungsleistungen zu stellen.
Der erste Blickpunkt der MLZ ist einem der schönsten Berufe der Welt gewidmet. Dass der Beruf der Lehrerin/des Lehrers nicht in den Brennpunkt ausgelagert werden muss, dafür ist die Politik und die Gesellschaft verantwortlich.
Isabel Franz, stellv. Leiterin der Abteilung Berufswissenschaft des MLLV