MLLV Kamingespräch 2020 | Wer steigt am 15. März 2020 in den „Herzblatt-Hubschrauber“?
17. Kamingespräch mit Grußwortrednern Georg Eisenreich (Staatsminister der Justiz, CSU) und BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann vor dem Hintergrund des aktuellen Lehrermangels und direkter Flirt mit den Oberbürgermeisterkan-didaten und Kandidainnen durch Simulation der Fernsehshow „Herzblatt" vor den Oberbürgermeisterwahlen in München im März.
Zur „Herzblatt“-Show lud der MLLV die fünf Kandidaten und Kandidatinnen der größten Parteien im Stadtrat und derjenigen Partei, die den Kultusminister stellt (Freie Wähler). Zugegen waren auch die Oberbürgermeisterkandidatin der Mut-Partei, Stefanie Dilba, die Fraktionsvorsitzende der Mut-Partei, Claudia Stamm, so-wie die schulpolitische Sprecherin der FDP, Gabriele Neff.
Überblick über die eingeladenen OB-Kandidaten und OB-Kandidatinnen
- Kristina Frank (CSU)
- Katrin Habenschaden (Bündnis 90/Die Grünen und rosa Liste)
- Hans-Peter Mehling (Freie Wähler)
- Dieter Reiter (SPD)
- Dr. Jörg Hofmann (FDP)
Für die passende musikalische Einstimmung in den Abend sorgte Konrektorin Ju-dith Schmid zusammen mit ihren Söhnen Jonathan und Johannes. Nachdem die wohl allen Anwesenden bekannte „Herzblatt“-Melodie zum ersten Mal ertönt war, führte Barbara Mang sogleich mit einleitenden Worten in die Thematik des Abends ein. Mit der Frage „Kennen Sie diese Melodie oder sind sie noch zu jung dafür?“ kam Mang auf die Idee, „Herzblatt“ für den Abend zu adaptieren, zu sprechen und betonte, dass die Sendung ursprünglich als unterhaltsamer Gestaltungsrahmen dienen sollte, „jedoch die aktuellen Entscheidungen des Kultusministeriums ‚Maß-nahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung‘ zu dieser kurzfristigen Änderung geführt haben.“ Daher stehe am Beginn des Abends ein Kommentar von Dr. Michael Hoderlein-Rein.
Den Kommentar „Das Problem hinter dem Problem“ zur aktuellen schulpoliti-schen Situation finden Sie, liebe Leserinnen und Leser, in vollständiger Länge in dieser MLZ abgedruckt.
Der Staatsminister der Justiz, Georg Eisenreich, der einst bildungspolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion war, betonte bei seinem Grußwort seine nach wie vor enge Beziehung zum Münchner Bildungswesen. Er dankte der gesamten Schulfamilie. Der Beruf des Lehrers/der Lehrerin fordere viel, gebe einem aber auch viel. Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklungen sei der Beruf schwieriger geworden. Bildung sei auch aktuell ein großer Investitionsschwerpunkt: „Stellen haben wir, aber die Lehrkräfte nicht.“ Die Unterrichtsversorgung sei wichtig. Zum Thema Digitalisierung äußerte Eisenreich aus Sicht eines Bayerischen Justizminis-ters, dass auch die Risiken und Gefahren berücksichtigt werden müssten. Diese Herausforderung werde angenommen. Auch unsere bayerischen Schülerinnen und Schüler sollten verantwortungsbewusst und souverän mit ihren Daten umgehen lernen. Eisenreich betonte, dass es ihm mittels Medienbildung auch um die Präven-tion von digitalen Straftaten wie z. B. Cybermobbing gehe. Der amtierende Justiz-minister dankte den Lehrerverbänden für die gute Zusammenarbeit und wünschte alles Gute und gute Ergebnisse bezüglich der Verhandlungen zur aktuellen bil-dungspolitischen Lage zwischen den Lehrerverbänden und dem Kultusministerium. Für den täglichen Einsatz der Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen bedankte er sich auch herzlich. Zum Schluss betonte Eisenreich den seit jeher zwischen ihm und dem MLLV stattfindenden konstruktiven Austausch.
Die BLLV-Präsidentin, Simone Fleischmann, sprach zum anwesenden Publikum in gewohnt engagierter und motivierter Art und Weise. Mit Blick auf die anwesenden Oberbürgermeisterkandidaten und -kandidatinnen sei bezüglich der Bildungspolitik der Dialog gefragt. Dieser solle vor allen Dingen mit Herz geführt werden, denn echte Bildung bestehe immer aus den Komponenten Kopf, Herz und Hand. Fleischmann bekräftigte den Willen zum Dialog mit Staatsminister Eisenreich, „denn jetzt gilts, wie sehr Dialog zum Erfolg führt.“ Die Lehrerversorgung bis September stehe auf unsicheren Beinen. Der Dialog könne nicht auf dem Rücken der Lehrer ausgetragen werden. Sie spüre von Seiten des Kultusministeriums in den letzten beiden Wochen so intensiven Widerstand, wie noch nie. Auch in Zeiten des Kom-munalwahlkampfes müsse man sich mit dem Lehrerverband auseinandersetzen: „Wir werden nicht Ruhe geben.“
Drei Kernforderungen stünden nach wie vor auf der Agenda des BLLV:
- Attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen
- Passgenaue und flexible Lehrerbildung zu gewährleisten
- Die Gleichwertigkeit der Lehrämter anzuerkennen
Fleischmann endete mit den Worten: „Der BLLV ist laut, wir sind deutlich und wir bleiben dran.“
Nun ertönte die „Herzblatt“-Melodie und drei der fünf geladenen OB-Kandidaten und OB-Kandidatinnen Kristina Frank (CSU), Katrin Habenschaden (Grüne) und Hans-Peter Mehling (Freie Wähler), die am „Herzblatt“ teilnahmen, wurden auf die Bühne gebeten. Zunächst kam es zu einer Vorstellungsrunde, bei der jeder die Gelegenheit hatte, seinen Werdegang und seine beruflichen und politischen Schwerpunkte darzule-gen. Es ertönte nun abermals die „Herzblatt“-Melodie und die erste Spielrunde wurde eingeläutet. Diese bestand für die Politiker daraus, innerhalb von drei Minuten eine, ihre Wahlrede, zu halten.
Kristina Frank betonte die Wichtigkeit der schulischen Bildung unter Hinweis da-rauf, dass die CSU 2014 das mittlerweile größte Schulbauinvestitionsprogramm der Republik angestoßen habe. Sie sieht als Herausforderungen, die es anzupacken gelte, bezahlbaren Wohnraum (auch für Lehrerinnen und Lehrer) zu schaffen und spezifisch mehr für die Pädagogen und Pädagoginnen zu tun. Man müsse von die-sen mehr für München gewinnen und deren Fortkommen schneller ausgestalten (z. B. zügigere Beförderungen). Es müsse digitale Klassenzimmer geben mit Techno-logie, die sich am Puls der Zeit befinde. Am Ende ihrer drei Minuten fordert Frank mehr Respekt und mehr Wertschätzung für die Erzieher du Erzieherinnen und Leh-rerkräfte. Diese verdienten Anerkennung von der Stadtverwaltung, der Gesellschaft und der Politik.
Hans-Peter Mehling betont den Aspekt, dass er alles in seiner Macht stehende tun werde, um die Lehrer und Lehrerinnen vor allem in Sachen Infrastruktur, d. h. im Ablauf der Durchführung ihres Berufs, zu unterstützen. Er vermisse auch die Unter-stützung im Verwaltungsbereich. Lehrkräfte müssten von Verwaltungstätigkeiten entlastet werden und ihren Fokus auf ihre Hauptaufgabe, nämlich das Unterrichten, legen können. Er endet mit den Worten: Mein Motto lautet "Es reicht nicht, wenn man etwas erzählt", sondern „Es zählt, wenn man etwas erreicht.“
Katrin Habenschaden erläutert, dass sie sich zum Ziel setze, dass es in Bildungs-fragen zu einer engeren Verzahnung aller an Bildung beteiligter Institutionen kom-me. Nur so könne das bestmögliche Arbeitsumfeld für Lehrerinnen und Lehrer als auch Erzieher und Erzieherinnen gewährleistet werden (Ausstattung mit IT, Fortbil-dung, Weiterbildung). Außerdem solle es in ihren Augen zu einem Ausbau des Ganztags unter Einbindung der Jugendhilfe kommen. Nur mit entsprechender Un-terstützung könne Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden. Wenn Lehrkräfte flexib-ler auf neue Situationen reagieren können müssten, dann müssten sie auch flexib-ler eingesetzt werden können. Sie räumt ein, dass die Politik des Kultusministeri-ums leider außerhalb ihres Handlungsrahmens stehe und sich damit fern des kommunalen Verhandlungsbereichs befinde.
Nun meldete sich die Stimme aus dem Off, „Susi“, und fasste untermalt mit der „Herzblatt“-Melodie die Aussagen des Kandidaten und der Kandidatinnen zusam-men und fragte das Publikum: Wer soll nun ihr Herzblatt sein?
Ist es Kandidatin 1 (CSU), die nur schwarze Schulbücher mag und als Master mit Plan die Digitalwüste durchquert?
Oder ist es Kandidatin 2 (Grüne), die Schule als ein Brett für den Sprung in die Zu-kunft sieht und der bei roter Bildungspolitik leicht schwarz vor Augen wird.
Oder ist es Kandidat 3 (Freie Wähler), der je nach Reifegrad Schülerinnen und Schüler in einem dreigliedrigen Schulsystem auf weiterführende Schulen verteilt und so auf Persönlichkeitsbildung hofft.
Das Publikum müsse sich jetzt noch nicht entscheiden, denn die Frage laute im An-schluss: „Wer ist für Sie als Bürger der Meister der Schulpolitik?“
Wie bei der bekannten Show „Herzblatt“ fehlte nun noch der Moderator, der den Teilnehmern und Teilnehmerinnen die Fragen stellt. Diesen Part übernahm an diesem Abend
Martin Schmid (Netzwerk und Kommunikation im MLLV und zukünftiger Kandidat für den ersten Vorsitz im MLLV). Dieser stellte sich kurz und auf sympathische Art und Weise dem Publikum vor und erläuterte auch, was ihn an der Aufgabe des Vorsitzenden im MLLV reize, der im November 2020 bei der Delegiertenversammlung neu gewählt wird. Der Aufbruch in die Digitalisierung sehe an den Schulen derzeit eher wie ein Abbruch und ein Einbruch von Internetleitungen aus. Im Folgenden stellte sich der Moderator der Show anhand eines digitalen Lebenslaufs vor, denn „digital“ bedeute „übersetzt in Einzelschritte“. Die
Zahl 7 stehe für 7 Jahre Schulleitungserfahrung. Die
Zahl 9 stehe dafür, dass er sich zuvor 9 Jahre im Auslandsschuldienst befun-den habe. Die
Zahl 11 stehe dafür, dass er auch 11 Jahre an der Grundschule an der Rotbuchenstraße in München gearbeitet habe. Die
Zahl 27 stehe dementsprechend also für 27 Jahre Berufserfahrung, die
Zahl 53 für 53 Jahre Lebenserfahrung. Die beiden letzten Zahlen miteinander multipliziert ergeben ca. die Zahl der Lehrer, die zusätzlich benötigt würden. Schmid führt zum Schluss aus, dass für ihn der Lehrermangel einen großen Anreiz schaffe, diesen zu beheben, woraus auch sein Arbeitswille resultiere.
Schmid stellte den Kandidatinnen und dem Kandidaten nun jeweils fünf Fragen, die diese innerhalb einer Minute beantworten sollten. Die Antworten werden unten in Kurzform unter der jeweiligen Frage zusammengefasst.
Die erste Frage lautete: Wie würden Sie als Politiker Wertschätzung nachhaltig allen unseren Münchner Lehrerinnen und Lehrern entgegenbringen?
Kristina Frank (CSU): Frank würde den Lehrkräften mehr Respekt durch die Ver-besserung der Arbeitsbedingungen, moderne Lehr- und Lernmethoden und besse-re Entlohnung entgegenbringen. Außerdem werde sie sich bei Beschwerden der Eltern hinter die Lehrer und Lehrerinnen stellen.
Hans-Peter Mehling (Freie Wähler): Er werde den Lehrerinnen und Lehrern den Rücken, vor allem auch gegenüber den Individualisten der Elternschaft stärken und versuchen deren Arbeitsplatz so zu gestalten, dass die Arbeit Spaß mache. Er werde den Lehrern den Rücken stärken und versuchen deren Arbeitsplatz so zu gestalten, dass die Arbeit Spaß mache.
Katrin Habenschaden (Grüne): Sie werde, zumindest die Punkte betreffend, die auf kommunaler Ebene geregelt werden können, das Umfeld der Lehrkräfte so ge-stalten, dass jeder gut arbeiten kann.
Auf die zweite Frage Welche Ideen und Anreize bringen Sie mit, um junge Menschen jetzt noch für den Beruf des Grund-, Mittel-, Förderschul- und Fachlehrers zu begeistern? antworteten die Politiker wie folgt:
Kristina Frank (CSU): Sie wolle u. a. befristete Anstellungen reduzieren, die Siche-rung der Sommerferienbezahlung durchsetzen, die Einsatzwünsche der Lehrkräfte berücksichtigen, die Umzugskosten für Lehrer übernehmen und bezahlbaren Wohnraum in München schaffen.
Hans-Peter Mehling (Freie Wähler): Er wolle dien Arbeitsplatz für zukünftige Leh-rer und Leherinnen so schmackhaft machen, dass sie Spaß mache und möglichst viele Stellen zur Verfügung stehen.
Katrin Habenschaden (Grüne): Sie würde den Grundsatz verfolgen, dass jede Lehrkraft gleich viel verdient, da sich Wertschätzung monetär ausdrücke.
Die dritte Frage lautete: Welche Ideen haben Sie, um mehr männliche Lehrkräfte in die Münchner Grund- und Mittelschulen zu bringen?
Kristina Frank (CSU): Man solle das Gehalt an Grund- und Mittelschulen anheben und das Image des Berufsbildes verbessern. Es sei ihr ein Anliegen, dass den Kin-dern männliche und weibliche Bezugspersonen angeboten würden.
Hans-Peter Mehling (Freie Wähler): Er wirbt damit, dass der Lehrerberuf ein sicherer Job sei, bei dem als Ergebnis viel herauskomme. Das macht einen Arbeitsplatz auch attraktiv!
Katrin Habenschaden (Grüne): Für sie bedeutet Geld Wertschätzung. Man solle sich mehr an den skandinavischen Ländern orientieren.
Auf die vierte Frage Aus welchem Grund würden Sie gerne die Lehrerpersonal-planung im Kultusministerium übernehmen? reagierten die Politiker wie folgt:
Kristina Frank (CSU): Nachdem sie als Oberbürgermeisterin für München antritt, setzt sie ihren beruflichen Schwerpunkt anders. Als Stadtministerin und Chefin von 2.600 Mitarbeitern halte sie 1000 zusätzliche Studienplätze für richtig, mehr Dienstwohnungen für essentiell und neben einer attraktiveren Ausgestaltung des Berufs eine Überprüfung der Bezahlung für not-wendig.
Hans-Peter Mehling (Freie Wähler): Er wolle es gemeinsam mit den Lehrkräften besser machen als bisher und gemeinsam die Zukunft planen.
Katrin Habenschaden (Grüne): Sie verstehe die Personalplanung im Kultusminis-terium nicht. Der derzeitige Lösungsansatz der Reduzierung von Teilzeitarbeit und früherer Pensionierung sei nicht mit dem Mangel an Lehrkräften begründbar. Dies widerspreche der Flexibilisierung von Arbeit. Man müsse gemeinsam eine Lösung finden. Da die Personalprognosen nie stimmten, hätte sie Lust die Personalplanung im KM zu übernehmen.
Die Abschlussfrage Nennen Sie uns jeweils innerhalb einer Minute konkrete Gründe dafür, warum sie für die Bürger der Meister oder die Meisterin der Schulpolitik sind? wurde folgendermaßen beantwortet:
Kristina Frank (CSU): Sie wolle das Schulbauprogramm intensiv fortsetzen, weite-re Bildungscampusse wie in Freiham oder Riem aufsetzen. Außerdem wolle sie eine Ausweitung der Platzangebote für die Betreuung der Kinder von Pädagogin-nen und Pädagogen in Angriff nehmen und den kooperativen Ganztag ausweiten. Außerdem sei ihr die Digitalisierung sehr wichtig und die leichtere Beförderung der Lehrkräfte im Schulwesen. Sie wolle ein gutes Schulklima für alle.
Hans-Peter Mehling (Freie Wähler): Er werde allen Lehrerinnen und Lehrern den Rücken freihalten, sie von Verwaltungsaufgaben entlasten und die Arbeitsplatzge-staltung verbessern.
Katrin Habenschaden (Grüne): Sie würde viel Geld aus dem kommunalen Haus-halt für die Belange unserer Kinder aufwenden wollen und dafür sorgen, dass Leh-rer und Lehrerinnen gut arbeiten können. Schmid beendete die „Herzblatt“-Show mit den Worten: „So warten wir jetzt ge-meinsam am Buffet den 15. März ab und sehen, wer mit dem „Herzblatt“-Hubschrauber ins Rathaus fliegen wird.“ Er bedankte sich bei den Oberbürgermeisterkandidat*innen mit Schokoherzen. So endete ein abwechslungsreicher und in-formativer Abend mit der Verköstigung der Gäste und interessanten Gesprächen über die Bildungspolitik.
Andre Grenzebach, Pressereferent
Der MLLV dankt:
- Sebastian Waßmann: Technik und Homepage
- Sabine Sattler alias „Susi“: Blumenschmuck, MLZ
- Sabine Ruth, Eugenie Sperling, Kathrin Heinze: Organisation
- Waltraud Lučić, Barbara Mang, Dr. Michael Hoderlein-Rein, Martin Schmid: Planung, Gespräche, Inhalt
- Paul Hörmann: Finanzen
- Kati Stein: Presseeinladung
- Andre Grenzebach, Pressetext und MLZ-Artikel