Münchner Schulpreis | 2. Preis für Schulcampus Margarethe-Danzi-Straße
Jury prämiert die Zusammenarbeit von Grundschule und Förderzentrum
Die beiden Preisträgerschulen, die Grundschule an der Margarethe-Danzi-Straße und das SFZ für Geistige Entwicklung Mathilde Eller, teilen sich ein Schulgelände in Nymphenburg. „Die Grundschule und die Förderschule sind jede für sich sehr gute Schulen. In ihrem Verbund jedoch, entwickeln sie eine besondere Qualität der Inklusion, die herausragend ist“, so die Juroren. Im Interview erfahren Sie mehr aus der Sicht der Grundschule. Die MLZ sprach mit ihrer Schulleitung Frau Nina Schäfer.
MLZ: Herzlichen Glückwunsch Ihnen und Ihren Teams zu diesem Erfolg! Ihr Schulcampus ist erst wenige Jahre alt und überzeugt die Jury bereits jetzt. Verraten Sie uns Ihr Erfolgsrezept?
Das gesamte Team beeindruckt durch die höchste Eigenmotivation und größtes Engagement über das normale Maß hinaus. Unsere innovativen Lernmethoden wie auch die besondere Zusammenstellung von Klassen und Lerngruppen und die vielfältigen Facetten unseres inklusiven Schullebens machen den Campus einzigartig. Hier ist Schule wirklich Lebensort und Lernort zugleich: Die Menschen unseres Campus begegnen einander beim Lernen, Arbeiten, Essen, Spielen und Feiern. Kinder lernen voneinander und miteinander. Jeder bringt seine Fähigkeiten und Talente ein und profitiert von dem, was der Andere kann und anbietet. Kinder ohne Behinderung begegnen Kindern mit Behinderung, Familien finden Gleichgesinnte. Kulturelle Barrieren werden abgebaut. Religionen leben nebeneinander. Man knüpft Kontakte, schließt Freundschaften, erlebt Kunst, Kultur und Sport. Möglichkeiten neuer Medien und Technologien werden ausgeschöpft. Hier wird Besonderes und Allgemeines erklärt, gezeigt und erlebbar gemacht – bis zum Abend. Wir schätzen die Vielfalt als interessante und spannende Bereicherung des täglichen Lebens und gehen respektvoll und friedvoll mit ihr um. Unser Leitbild trägt aus diesem Grund den Namen "Miteinander - Vielfalt leben".
MLZ: Die Gutachter stellten eine „herausragende Qualität der Inklusion“ an Ihren Schulen fest. Woran denken Sie dabei in erster Linie?
Fördern und Fordern sind zwei Maximen, die in einer ausbalancierten Wechselwirkung stehen sollen. Wir bringen hier am Campus mit Engagement und Einfühlungsvermögen Unterschiedlichkeit zusammen, ohne die Einzigartigkeit zu unterdrücken. Jedes Kind wird so, wie es ist, in seiner Schule wahrgenommen. Nachhaltige Bildung unserer Kinder schlägt durch das kontinuierliche inklusive und ganztägige Lernen zu Buche. Lernen ist nicht Teil des Tages, sondern Teil des Lebens. Mit unseren Lehrkräften und Kooperationspartnern lesen die Kinder, besuchen regelmäßig die Schulbibliothek, machen Schulaufgaben, treiben Sport, spielen Theater, lernen ein Instrument, gestalten Kunstwerke in der Natur und kommen in der stillen Pause zur Ruhe. Demgegenüber stehen viele methodische Maßnahmen, die im Unterricht die Kompetenzentwicklung fördern, wie z. B. Wochenplanarbeit, Gruppenarbeit, Lerntheken, Lernschienen, Lerntandems und Differenzierungen. Der äußere Organisationsrahmen unseres Bildungserfolgs betrifft die Konzeptionen unserer Klassen, die sich seit 2012 kontinuierlich fortschreiben: Partnerklassen, Patenklassen und DeutschPLUSklassen zielen auf inklusives und integratives Lernen mit den Schwerpunkten geistige Entwicklung, motorische Entwicklung, Lernen, Sprache und soziale, emotionale Entwicklung.
MLZ: Unter welchen Voraussetzungen gelingt die intensive Vernetzung und Kooperation Ihrer Schulen?
Viele Arbeiten in der Schule sind so komplex, dass sie nur in Kooperation effektiv bewältigt werden können. Der Teamgeist im Kollegium, der respektvolle Kontakt mit unseren Schülereltern, der partnerschaftliche Umgang mit unseren Kooperationspartnern und die wertvolle Meinung des Klassenrats gehören zu einer einheitlichen Erziehungsgemeinschaft. Neben der täglichen Arbeit mit den Kindern wurden zunächst einmal die Kontakte zwischen den Kolleginnen und Kollegen beider Einrichtungen durch gemeinsame Fortbildungen und Unternehmungen gestärkt. Inzwischen bestehen viele freundschaftliche Verbindungen zwischen beiden Kollegien. Auch auf Leitungsebene besteht ein offener und intensiver Austausch. Dazu kommen regelmäßige Leitungs-Jour fixe der fünf Einrichtungen des Campus. Das Leben in der Gemeinschaft kommt in vielen Festtagen und Feiern zum Ausdruck, die zusammen mit Tagesheim, Mittagsbetreuung, dem Förderzentrum und der HPT organisiert und durchgeführt werden, z.B. Trachtentage, Sankt-Martins-Züge, Nikolausfeiern, Weihnachtsfeste, Faschingszüge, Osterfeste, Maifeste u.v.m. Die Zusammenarbeit der Schule mit unterschiedlichsten Beratungsstellen ermöglicht eine passgenaue Unterstützung für Lehrkräfte wie auch für die Erziehungsberechtigten. Kooperation soll immer langfristig wirken, sie will verändern, innovieren und Prozesse in Bewegung bringen. Wir sehen Kooperation als angenehm, gewinnbringend, erleichternd und motivierend. Der Gewinn aller Beteiligten durch diese vielfältigen Kooperationen und die daraus entstehenden neuen Ideen beflügeln uns für die tägliche Arbeit.
MLZ: Was können Sie Schulen auf dem Gebiet der Inklusion empfehlen, die nicht das Schulprofil „Inklusion“ haben?
Der langzeitliche Bildungserfolg geschieht sowohl durch altershomogenes Lernen wie auch durch altersdifferentes. Kinder lernen von Kindern, unabhängig ihres Alters und ihrer Klassenstufe. Dann profitieren die Schülerinnen und Schüler von den Kompetenzen und Erfahrungen des Anderen und sichern und stärken gleichzeitig das eigene Wissen. Die Einzelinklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Regelklassen ist durch die Erstellung von Förderplänen möglich und wird, ggf. auch mit Einsatz von Schulbegleitern, praktiziert. In Zusammenarbeit mit Schulpsychologen und dem Mobilen Sonderpädagogischen Dienst werden Differenziertes Lernen, individuelle Leistungsbewertungen und Notenaussetzung besprochen. Die Förderung des Kindes in der deutschen Sprache erfolgt bereits früh in einem der Vorkurse oder in einer DeutschPLUSklasse. Durch den Einsatz digitaler Medien können gerade die Schülerinnen und Schüler der Randgruppen mit den modernen und motivierenden Lernprogrammen individuell lernen.
MLZ: In der „Rathaus Umschau“ war zu lesen: „Jedes Kind bekommt ein Unterstützernetzwerk, das auf seine Bedürfnisse zugeschnitten ist.“ Wie sieht dieses Netzwerk konkret aus?
Offene Angebote ermöglichen eigenständiges und gemeinsames Lernen. In Kooperation mit zusätzlichen Lehrkräften, externen Partnern und Sonderpädagogen findet jedes Kind individuelle Unterstützung und dabei bestmögliche Förderung. Sie findet statt in Inklusionsstunden, DeutschPLUSförderstunden, Lernschienen, differenziertem Lernen und LRS-Kursen. Gemeinsam mit der Sonderpädagogin wird eine zehnstündige kooperative Sprachförderung durchgeführt. Die Unterstützung durch das Tagesheim, durch die Mittagsbetreuung wie auch durch das Kinderhaus Kai bildet beste Voraussetzungen für die Bewerkstelligung der Hausaufgaben. Wir erhalten für die Einzelinklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf vom Staatlichen Schulamt sogenannte Inklusionsstunden, die von Grundschullehrkräften wie auch von Sonderpädagogen sinnvoll genutzt werden müssen. Die Förderung des Kindes in der deutschen Sprache erfolgt in einem der vier Vorkurse oder in einer der vier DeutschPLUSklassen. Neben der Förderung kommt auch die Forderung des Kindes zum Tragen: In den Arbeitsgemeinschaften Radio Danzi, Trommeln, Inklusions-Chor, -theater und -tanz, English musical, Französisch und Mathematik-Schlaufuchs finden auch besonders motivierte und leistungsbereite Kinder ihren Platz. 2017 belegte einer unserer Schüler bundesweit den vierten Platz im Mathematikwettbewerb Pangea. Setzt das Kind den Fuß in unsere Schule, wird es schon vom ersten Tag an mit moderner Technik vertraut gemacht. In jedem Klassenzimmer befinden sich Whiteboard, Beamer, Dokumentenkamera, PC und Drucker. So überrascht es nicht, dass ein Kind der Margarethe-Danzi-Schule im Umgang mit digitalen Medien gut geschult wird.
MLZ: Stadtschulrätin Beatrix Zurek stellte in ihrer Laudatio heraus, dass an Ihren Schulen „jeder seine Fähigkeiten und Talente einbringt und von dem profitiert, was andere können.“ Wie setzen Sie dies im Alltag um?
Die Inklusion vor Ort wird auf allen Ebenen in vielfältigen Angeboten unterrichtlich wie erzieherisch gelebt:
- Gemeinsame Nutzung des Pausenhofes
- Klassenbezogene Partnerschaften (gegenseitige Einladungen, Kooperationen im Hauswirtschaftsbereich
- Gemeinsame Feste und Feiern im Jahreskreis, z.B. Faschingspolonaise Gemeinsame Unterrichtsprojekte, z.B. inklusives Musical
- Angebot eines Inklusionschors
- Sportkooperationen (Schullauf auf dem Sportgelände)
- gemeinsame Unternehmungen
- gemeinsame Tanz-, Theater- und Rhythmikprojekte
- gemeinsame Schullandheimaufenthalte
- Altpapiersammeldienst einer Förderschulgruppe für den gesamten Campus
Wir sehen es als Bereicherung an, dass an unserer Schule Kinder unterschiedlicher kultureller und sozialer Herkunft mit ihren individuellen Voraussetzungen und Bedürfnissen gemeinsam lernen und leben. Jeder trägt seinen Teil zu einem respektvollen und wertschätzenden Umgang bei. Integration und Inklusion sind Säulen unseres pädagogischen Verständnisses, die in Partner-, Paten- und Ganztagsklassen zum Tragen kommen. MLZ: Gibt es auch Bereiche, in denen Sie sich noch mehr Unterstützung von Stadt und Staat wünschen? Die Weiterentwicklung und Aufstockung unserer bestehenden Partnerklassen, die Beschränkung der Schülerzahl einer inklusiven Grundschulklasse auf 20, die Beschränkung der Schülerzahl einer Partnerklasse auf 18, sowie die Suche nach ständig neuen Möglichkeiten, Zusammenarbeit und Kontakt auf allen Ebenen zu pflegen und weiter zu vertiefen, muss eine gemeinsame Herzensangelegenheit von Stadt und Staat sein. MLZ: Haben Sie schon Pläne, wie das Preisgeld ausgegeben wird? Das Preisgeld von 9.500 Euro teilen wir partnerschaftlich auf. Wir verwenden es schwerpunktmäßig unterschiedlich, aber gemeinsam wichtig sind uns die Gestaltung einer Wiesenfläche des Pausenhofs mit Indianerpfad, Tischtennisplatten im Hof und einem Wochenende in den Bergen mit unseren Teams.
MLZ: Vielen Dank und alles Gute für Ihre Schulen!
Das Interview führte MLLV-Abteilungsleiter Martin Göb-Fuchsberger.