Münchner Schulpreis 2019
1. Preis für die Staatliche Grundschule an der Ichostraße
Die Preisträgerschule des diesjährigen Wettbewerbs ist die staatliche Grundschule an der Ichostraße im Stadtteil Giesing. Die Jury erlebte bei ihrem Schulbesuch ein enormes soziales Engagement, das von Schulleitung, Kollegium und den begeisterten Schülerinnen und Schülern partizipativ getragen wird. In den vergangenen Jahren lag das Augenmerk darauf, das Icho-Ganztagsangebot fortwährend zu perfektionieren. Dies veränderte die Unterrichts- und Lernkultur ebenso wie die vielen differenzierten kulturellen Angebote.
MLZ: Herzlichen Glückwunsch dem Schulleitungsteam Herrn Rothenaicher und Frau Vogt sowie Ihrem Team zu diesem Erfolg! Wie schaffen Sie es täglich, alle Mitglieder der Schulfamilie in die vielfältigen Gestaltungsprozesse einzubinden?
Herzlichen Dank! Die gesamte Schulfamilie hat sich über den Preis enorm gefreut und wir haben das auch entsprechend gefeiert. Die offene Kommunikation aller Akteure auf Augenhöhe ist hier wohl der Schlüsselfaktor für das Gelingen. Neben dem „Prinzip der offenen Tür“ sind regelmäßige Jour Fixes mit den verschiedenen Teamplayern am Mikrokosmos Icho-Grundschule seit Jahren feste Bestandteile im Tages- und Wochenablauf. Genauso wichtig sind die demokratischen Kommunikations- und Mitbestimmungsformen auf Schülerebene wie z.B. Klassenrat, Klassensprecherkonferenzen und Schulversammlungen. Der Einbezug aller Mitglieder der Schulfamilie in die vielfältigen Gestaltungsprozesse gelingt uns so recht gut. Ein ausgeprägtes „Wir-Gefühl“ in den multiprofessionellen Teams ist dazu enorm wichtig. Das Wort Schul-Familie wird vor Ort gelebt, wir alle tragen gemeinsam Verantwortung für das gute Miteinander.
MLZ: Die Gutachter stellten ein „enormes soziales Engagement“ an Ihrer Schule fest. Was fällt Ihnen dazu spontan ein?
Für uns ist äußerst wichtig, dass jeder am Bildungs- und Erziehungsprozess Beteiligte seine unwahrscheinlich hohe Verantwortung wahrnimmt und diese Verantwortung nicht vor dem jeweiligen Gruppen- oder Klassenraum endet. Viele Besucher der Icho-Grundschule bestätigen uns den guten Geist und das gute Miteinander an der Schule. Man spürt so etwas, wenn man ein Schulhaus betritt. Die Förderung des Für- und Miteinanders ist eine bedeutende tragende Säule unseres Schulprogramms und wird tagtäglich im Unterricht und in den vielen schulischen Aktivitäten gelebt. Unser Schulleben wird geprägt durch Feste, Versammlungen, Projekte sowie Aktionen einzelner Klassen und Gruppen. Tutoren- und Helfersystem sind fest etabliert. Jeder bringt sich mit seinen eigenen Talenten ein und ist für die anderen da. Gemeinschaft wird bewusst erlebt. So trägt ein jeder etwas zu einem besseren Lern- und Schulklima bei.
MLZ: Welche Voraussetzungen mussten Sie für das Funktionieren der guten Kooperation zwischen Schule und Tagesheim sowie Schule und offener Ganztag schaffen?
Bei uns vor Ort gab es das Städtische Tagesheim schon vor der Umwandlung in einen geschlossenen IPS-Standort. Die Mittagsbetreuung wurde vor 3 Jahren in einen offenen Ganztagsbetreuung umgewandelt. Wir sind diesen Weg mit allen Akteuren gemeinsam bewusst gegangen. Besonders hilfreich war hierbei, dass sich unser Team nie mit dem Stand der Dinge zufrieden gibt, sondern vielmehr kontinuierlich bestrebt ist, zu schauen, wo und wie wir noch besser werden können. Der regelmäßige Austausch der verschiedenen Bildungs- und Erziehungsprofessionen sowie gemeinsame Ziele sind die Basis für eine gute Kooperation. Unser Motto lautet: Füreinander und miteinander! Geht nicht – gibt´s nicht!
MLZ: Welchen Tipp haben Sie für Schulen, die an die Einführung eines Ganztagesangebotes denken?
Am Anfang sollten immer Situationsanalyse und Zielklärung stehen: Wo stehen wir und wohin wollen wir? Eruieren Sie zunächst die Bedarfe der Elternschaft vor Ort durch interne Abfragen und suchen Sie sich dann Best-Practice-Beispiele. Besuchen sie die verschiedenen Modelle und basteln sie sich das für ihren Schulstandort passende Konzept. Beziehen Sie das Schulamt und das Referat für Bildung und Sport von Anfang an in Ihre Planungen mit ein. Niemand muss heutzutage das Rad selbst neu erfinden.
MLZ: Können Sie uns kurz einige der kulturellen Angebote nennen, die Ihr Ganztagesangebot so interessant machen?
Sowohl im Tagesheim als auch im Offenen Ganztag können unsere Kinder diverse sportliche und künstlerisch-kreative Freizeitangebote nutzen. Lehrer, Erzieher und OGT-Betreuer bringen sich hier mit ihren besonderen Interessen und Talenten ein. Beispiele hierfür sind Basketball, Fußball, Zumba, HipHop, Yoga, Chor, Kunst-AG und die Kreativwerkstatt. Externe Partner ergänzen und bereichern unser Ganztagsprogramm. Hier sind die Angebote der Städtischen Sing- und Musikschule mit Ikarus, die Schule der Phantasie und die Angebote der Lesefüchse e.V. mit Ihrem Vorlese- und Mentorenprogramm sowie die Kurse des Vereins Cool Strong Kids und der Benimmschule Dullinger zu nennen. Eine Expertenkartei der Quartiersbewohner ermöglicht zudem ein breites, kulturelles Projektspektrum.
MLZ: Welche Vorteile sehen Sie für Ihre Schülerinnen und Schüler in der Ganztagesschule?
99 % aller unserer Schülerinnen und Schüler besuchen das offene und gebundene Ganztagsangebot der Icho-Grundschule. Mit unserem Angebot suchen wir als Dienstleistungsbetrieb den Bedarfen der Eltern gerecht zu werden und suchen zudem mit der Beschulung im Ganztag die Bildungschancen vor allem für Kinder aus bildungsfernen Familien zu erhöhen. Das täglich lange Miteinander der Klassen und Gruppen macht aus unserem Schulhaus ein Lebenshaus. Die Schüler verbringen den ganzen Tag zusammen - lernen, essen, spielen gemeinsam. Sie lernen auch außerhalb des Unterrichts miteinander umzugehen. Auch die Beziehung zwischen Lehrern und Kindern wird gestärkt. Ein großer Vorteil des Ganztags ist die Möglichkeit die Schülerinnen und Schüler individuell und umfassend zu fördern. Lernschwächen können frühzeitig erkannt und ausgeglichen werden. Der Ganztag hilft Chancengleichheit zu schaffen. Die vielfältigen kostenfreien Angebote im Freizeitbereich sind gerade für Kinder aus sozial schwachen Familien wichtig.
MLZ: Was wünschen Sie sich von Staat und Stadt?
Der Staat und die Stadt unterstützen unser Ganztagsangebot mit zusätzlichen Lehrerstunden und mit großen Geldbeträgen für investive Bedarfe. Unser großer Wunsch wäre, dass die Projektmittel für den nicht-investiven Bedarf deutlich erhöht werden. So würde uns als Schulleitungsteam neben der ständigen Geld-Akquise mehr Zeit für pädagogische Belange der uns anvertrauten Schülerinnen und Schüler bleiben.
MLZ: Haben Sie schon Pläne, wie das Preisgeld ausgegeben wird?
Das wird in einem demokratischen Prozess mit allen Beteiligten ermittelt. Der Hauptteil wird für Spielgeräte im Pausenhof ausgegeben. Ein kleiner Teil wurde jedoch schon verbraucht für die Schulfeier anlässlich des 1. Schulpreises und für ein Theater, dass bei uns an der Schule aufgeführt wurde. MLZ: Vielen Dank und alles Gute für Ihre Schule!
Das Interview führte Martin Schmid.
Mitglied im Vorstand des MLLV.